Die Juden in Hartmanitz

Die alte Bergbaustadt Hartmanitz blieb der jüdischen Bevölkerung lange Zeit verschlossen. Erst 1848 und später nach 1867, als den Juden durch die neue Verfassung die volle rechtliche und politische Gleichberechtigung zuerkannt wurde, begannen sie, tiefer in den Region um Hartmanitz vorzudringen.

Im Jahre 1880 machten die Juden mehr als 10 % der Bevölkerung von Hartmanitz aus, und sie beteiligten sich aktiv an der Entwicklung des Ortes. 1881 ließ die Jüdische Gemeinde Hartmanitz-Kundratitz die Synagoge bauen, und bereits ab 1883 wurde das geräumige Gebäude von rund 200 jüdischen Einwohnern aus der Umgebung genutzt. Die Synagoge war mehr als fünfzig Jahre lang ein Zentrum jüdischer Kultur.

Der geschäftliche Erfolg der Juden aus Hartmanitz nahm im 20. Jahrhundert weiter zu. In der Zeit zwischen den Weltkriegen lag der Handel in Hartmanitz fast ausschließlich in jüdischer Hand: Die Familie Barth handelte mit Getreide, Josef Kraus mit Vieh (er betrieb eine Schlächterei), die Familien Eisenschimmel, Adler und Fröhlich handelten mit Pelzwaren. Das städtische Gasthaus wurde von Herrn Popper betrieben, weitere Geschäftsleute hießen Lang, Schwarzkopf und Julius Adler. Die Familie Bloch betrieb eine Stanniolfabrik in Chumo (Chlum) und beschäftigte mehrere hundert Arbeiter aus der Umgebung von Hartmanitz. Die Kaufleute Fröhlich und Bloch machten sich die Fruchtbarkeit des Böhmerwaldes zunutze und kauften von den Hartmanitzer Bürgern Pilze und Waldfrüchte auf.

Ab Ende der 20er Jahre wanderten die Juden aus Hartmanitz nach und nach in die größeren Städte ab. Diese boten ihnen sowohl eine bessere Verbindung zur Welt als auch günstigere Bedingungen für ihre Geschäfte. Nicht weniger wichtig waren auch die besseren Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder. Die Abwanderung der Juden aus Hartmanitz wurde schließlich auch durch die allmählich zunehmenden antijüdischen Tendenzen beschleunigt, die sich von Westen her ausbreiteten. Anfang der 30er Jahre kam das religiöse Leben der Synagoge fast völlig zum Erliegen und die Hartmanitzer jüdische Gemeinde wurde mit der jüdischen Gemeinde in Schüttenhofen (Sušice) zusammengelegt.

Beim Einmarsch der Wehrmacht im Oktober 1938 flohen die restlichen Juden gemeinsam mit den tschechischen Beamten ins Protektorat, wo diejenigen, denen es nicht gelang zu emigrieren, von den Nazis verfolgt wurden. Die Juden, die in Hartmanitz und Umgebung zurückgeblieben waren, wurden verhaftet. Das jüdische Eigentum wurde beschlagnahmt. Der letzte jüdische Einwohner, der von den Nazis abtransportiert wurde, war Hermann Meister aus dem benachbarten Kundratitz. Zeitzeugen erinnern sich bis heute, wie er noch unter Hitler seinen Lebensunterhalt als Hausierer verdient hatte und durch die umliegenden Dörfer gereist war. Bis vor kurzem war unter den früheren deutschen Einwohnern noch die Vermutung verbreitet, dass er ins Altersheim gebracht wurde. Bei unseren Nachforschungen stießen wir jedoch in den Listen der in Theresienstadt verstorbenen Juden auf seinen Namen.

14 Tage vor Kriegsende führte ein Transport von rund 500 polnischen, ungarischen und tschechoslowakischen Jüdinnen durch Hartmanitz — der so genannte Todesmarsch. Die völlig verelendeten Frauen wurden, im Zuge der Auflösung der Konzentrationslager, aus der Stadt Helmbrechts bei eisigem Wetter über den Böhmerwald nach Wallern (Volary) getrieben, wo nur einige Dutzend Frauen lebend ankamen und von der amerikanischen Armee befreit wurden. Eine Nacht verbrachten die Jüdinnen in Oberkörnsalz (Horní Krušec) auf dem Hof von E. Fuchs, wo zwölf Frauen starben. Am darauffolgenden Tag wurden sie auf dem jüdischen Friedhof in Hartmanitz begraben.

Nach dem Krieg kehrte keiner der ursprünglichen jüdischen Einwohner nach Hartmanitz zurück.

 

Die Zahl der Juden in Hartmanitz

(Aus der Dokumentation des Jüdischen Museums Prag, zusammengestellt von Jiří Fiedler)

1811: in Hartmanitz ist kein Mitglied aufgeführt, vielleicht durften hier (in der alten Bergbaustadt) noch keine Juden wohnen, der Zuzug jüdischer Familien (vor allem aus den umliegenden Dörfern) begann vielleicht erst nach 1847.
1880: 102 Juden (11,81 %), 1 Protestant, 863 Einwohner (5 tschechischsprachige)
1890: 119 Juden (12,80 %), 1 Evangelischer, 929 Einwohner (7 tschech.)
1900: 104 Juden (11,65 %), 1 Evangelischer, 892 Einwohner (15 tschech.)
1910: 65 Juden (8,16 %), 4 Evangelische, 796 Einwohner (8 tschech.)
1921: 50 Juden (7,57 %), 2 Evangelische, 3 religionslos, 660 Einwohner (73 tschechoslowakischer, 6 jüdischer Nation)
1930: 21 Juden (3,01 %), 696 Einwohner (5 jüdischer Nation)

Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde Hartmanitz

1893-94: M. Pollak
1900-15: Simon Bloch senior
1916-18: Sigmund Barth
1919: dr. Benno Glaser
1920-21: Sigmund Barth

 

Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde Hartmanitz

1894-96: L. Heim
                (jistý Leopold Heim byl později asi do r. 1900 rabínem v Kasejovicích a pak do r.  1907 v Dolních Kralovicích)
1897-01: Moritz Bussgang
                (nach Gold´s Sammelwerk „Kenner vorderasiatischer  Schriftstücke, Wissenschaftler, dem das böse Schicksal das Tor zu einem weiteren Aufstieg verschloss“)
1902-08: Ignaz (Hynek) Duschak
                (1895 – 1901 Rabbiner in Bergreichenstein/ Kašperské Hory, im Krieg deportiert nach Theresienstadt, starb mit seiner Frau 1942 in Treblinka)
1910-22: Ezechiel Nussbaum
20.–30. léta: rabín Sand

3.jpgStempel und Satzung der Jüdischen Gemeinde Hartmanitz
1.JPG Mitarbeiter der Bloch´schen Stanniolfabrik in Chumo
2.jpgStempel und Satzung der Jüdischen Gemeinde Hartmanitz

 

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Freitag, 22. Juni, 18.00 Uhr (ursprünglich im Mai geplantes Konzert)
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